03. März 2015
Ich möchte noch einmal auf den Beitrag von Sebastian eingehen. Die Kosten sind gerade im Segment Datenrettung ein sehr sensibles Thema. Es kommt zwar nicht häufig vor, aber ab und zu fallen doch Worte wie „Abzocke“ oder Bemerkungen wie „man spielt mit der Not des Kunden“. Wir können natürlich nicht für alle Datenretter sprechen und dass einige genau diese Notsituation ausnutzen ist unbestritten.
Ich werde einige Punkte und Beispiele aufzählen, die dem einen oder anderen die Möglichkeit geben, den Kostenpunkt differenzierter zu betrachten. Grundsätzlich muss man sich als Betroffener die Frage stellen: benötige ich eine professionelle Datenrettung oder reicht auch eine Discount-Lösung?
Wie unserer Website zu entnehmen ist, geht unser Fokus vorrangig in Richtung Business Segment. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir keine Privatkunden bedienen, aber die Ausrichtung und dahinter liegenden Prozesse haben Auswirkungen auf den Ablauf und auf die Kosten der Datenrettung.
Gerade im Business-Segment ist Zeit ein entscheidendes Kriterium, wenn Datenverlust eingetreten ist. Wenn einige Mitarbeiter im Unternehmen nicht mehr arbeiten können oder eine ganze Abteilung – oder im worst case der ganze Betrieb – still steht, dann hat man meist keine 10 bis 20 Tage Zeit, um auf die Daten zu warten. Wenn sich jetzt gerade der Gedanke einschleicht „na dann nutzen sie ja doch die Notsituation aus“ bitte ich Sie, die folgenden Zeilen und Punkte durchzulesen.
Die Voraussetzung, kurzfristig die Daten mechanisch beschädigter Festplatten rekonstruieren zu können – sei es 24/7 oder innerhalb von 2-4 Werktagen – ist zum Einen ein umfassendes Ersatzteillager. Attingo hat über 11.000 Ersatzteile vorrätig. Festplatte ist leider nicht gleich Festplatte und nur weil auf der einen Seagate draufsteht, bedeutet es nicht, dass diese Ersatzteile, zum Beispiel die Schreib-/Leseköpfe, in einer beliebigen anderen Seagate Festplatte funktionieren. Hersteller, Modelle, Modellreihen, Kapazität etc., das alles sind variable Faktoren, die einen Einfluss darauf haben, ob das Ersatzteil passt oder nicht. Überlegt man sich, wie teuer Festplatten sind – und selbst, wenn man nur die günstigste Festplatte als Kalkulationsgrundlage nimmt – dann kann man schon schnell hochrechnen, wie hoch das gebundene Kapital ist. Wenn man kurzfristig die Daten benötigt, dann sollte sich ein Datenretter nicht erst bei Eintreffen der Festplatte Gedanken machen, wo er welche Ersatzteile beziehen kann. Natürlich müssen auch wir ab und zu mal nachbestellen, wenn kein exakt passendes Ersatzteil vorrätig ist. Meist geschieht dies aber bereits vorweg, bevor überhaupt eine Anfrage zu dem Fall in unserem Hause eintrifft, damit wir dann für den Fall der Fälle vorbereitet sind.
Gerade bei mechanisch beschädigten Festplatten ist ein Reinraumlabor Voraussetzung für eine professionelle Datenrettung. Ich möchte jetzt hier nicht auf die Anforderungen und Details eines Reinraums eingehen, da das hier mit Sicherheit den Rahmen sprengen würde – vielleicht folgt hier ein eigenes Blogthema – aber hier fallen Anschaffungs- und Wartungskosten an. Gleiches gilt für alle anderen technischen Geräte wie Mikroskope, Spezialwerkzeuge, Kopierstationen etc.
Manche mögen sich fragen, was man bei Festplatten groß forschen und entwickeln soll. Schließlich gibt es Festplatten ja nicht erst seit gestern.
Zum einen ist im Segment RAID-Datenrettung Forschung und Entwicklung erforderlich. RAID-Controller verschiedener Hersteller verhalten sich unterschiedlich, die unterschiedlichen RAID-Level erfordern unterschiedliche Herangehensweisen. Unser Entwicklungsteam hat Verfahren entwickelt, um RAID Systeme per Software zu simulieren. Nahezu alle auf dem Markt befindlichen RAID Controller wurden reverse engineert, denn nur mit tiefgreifendem Wissen über interne Systemstrukturen (z.B. Firmware), Algorithmen (z.B. Verlauf der Parity) und Verhaltensweisen von RAID Controllern ist eine schnelle und zuverlässige RAID Datenrettung gewährleistet. Auch im Umgang mit fatalen Rebuilds sind u.U. besondere Maßnahmen erforderlich, wo fallspezifisch Lösungen entwickelt werden müssen.
Mitunter sind auch besondere Auslesewerkzeuge erforderlich, die entwickelt wurden, um den Prozess der Datenrettung zu beschleunigen.
Selbst bei gelöschten Daten ist es manchmal erforderlich, Programme zu entwickeln, umdie gelöschten Daten zu rekonstruieren. Glauben sie nicht? Sie können ja mal versuchen, mit Hilfe von free Tools gelöschte fragmentierte Daten im EXT4 Dateiformat zu rekonstruieren. Wer Linux benutzt? Fast alle NAS Systeme verwenden beispielsweise Linux…
Techniker, Ingenieure, Entwicklungsmitarbeiter, Kundenbetreuer – legt man wie Attingo Wert auf eine professionelle Datenrettung, dann ist wahrscheinlich klar, dass dies einen anderen Kostenblock nach sich zieht als jemand, der sich einzig darauf spezialisiert hat, in Papierkorb verschobene und dann gelöschte Bilder wiederherzustellen.
Know-How ist ein wertvolles Gut, und gerade im Bereich Datenrettung bedeutet Stillstand automatisch Rückschritt. Wenn man dies bedenkt, dann ahnt man schon, dass eine professionelle Datenrettung mit beispielsweise 200 Euro nicht wirtschaftlich ist. Die gleichen Mitarbeiter, die im Notfall 24/7 zur Verfügung stehen müssen – und Anfragen zur Notfall-Datenrettung sind alles außer selten – retten bei uns auch die Daten bei der „einfach nur die Partitionstabelle gelöscht wurde“. Bevor hier die Frage aufkommt „es ist doch aber nur die gelöschte Partitionstabelle“, bitte ich, noch den letzten Punkt zu lesen.
Professionelle Datenrettung bedeutet nach unserer Definition immer eine vollständige Datenrettung. Dazu gehört mehr als einfach nur die Festplatte zu reparieren – und fertig. Zu einer vollständigen Datenrettung gehört bei uns immer eine physische und logische Analyse. Das Erstellen einer vollständigen Sektorkopie ist dabei das vorrangige Ziel bei einer physischen Datenrettung. Selbst bei Schäden, die nicht mechanischer Natur sind, arbeiten wir nie am offenen Herzen, sondern immer ausschließlich mit erstellten Kopien. Im zweiten Schritt folgt die logische Datenrettung, bei der mögliche Beschädigungen im Bereich des Dateisystems, gelöschte Daten, Ermittlung von RAID-Parametern etc. untersucht werden.
Wie eingangs erwähnt, muss sich jeder selbst die Frage stellen, ob man eine Discount-Datenrettung oder eine professionelle Lösung bevorzugt. Discount soll hier nicht abwertend gemeint sein, es stellt vielmehr die Frage nach dem individuellen Anforderungsprofil zur Datenrettung. Wir von Attingo haben eine Qualitätsentscheidung getroffen für das Segment „Professionelle Datenrettung“. Die oben geschilderten Punkte sollten eine Vorstellung davon geben, was unter anderem Auswirkungen auf die Kosten der Datenrettung hat.